Who rules Britannia?

Britannia rules the waves

Sicherlich. Die Seemacht der Briten war legendär – und selbst die noch erhaltenen Reste davon sind beeindruckend. Doch wem unterstehen, wessen Befehlen folgen die Truppen des Vereinigten Königreichs?

Wir erleben London im Taumel einer Krise, die mehr ist als nur eine Regierungskrise, weil es nämlich hinter der stürzenden Theresa May nichts gibt, was Großbritannien wieder stabilisieren könnte.

Dass Boris Johnson  heute wohl zum neuen Premierminister gewählt werden wird, ändert nichts daran, dass die  alten Probleme unverändert bleiben und die alten Bruchkanten im politischen Spektrum keineswegs verheilen werden. Die Demokratie selbst führt sich an der Themse ad absurdum, weil sich für keinen der möglichen Auswege eine Mehrheit finden will. Wenn aber nicht einmal mehr „die Dummen“ mehrheitsfähig sind, was dann? Stillstand, unkontrollierter Zerfall?

Es sieht nicht so aus.

Als ob es eine Regierung gäbe, die fest im Sattel sitzt und weiß, was sie will, haben die Briten Anfang des Monats vor Gibraltar den Öltanker „Grace 1“ aufgebracht, den sie seither festhalten und an der Weiterfahrt hindern, weil sie überzeugt sind, das Schiff wolle iranisches Öl nach Syrien liefern, was aufgrund von allerlei „internationalen“ Sanktionen verboten sei.

Ja. Da sitzt wer in London, der sich herausnimmt, darüber zu bestimmen, welcher souveräne Staat mit welchem anderen souveränen Staat keine Geschäfte machen darf. Und wie seit Jahrhunderten üblich, steht dann ein Kriegsschiff bereit, ausgestattet mit einem Kaperbrief aus London, das ein Handelsschiff in seine Gewalt bringt.

Es darf bezweifelt werden, dass Theresa May noch die Kraft besitzt, so etwas überhaupt zu wollen, geschweige denn anzuordnen.

Wie wir wissen, hat der Iran den Fehdehandschuh aufgenommen und seinerseits einen Öltanker, die „Stena Impero“ aufgebracht.

Ho-ho! Da tobt der Bär!

Da zeigt sich, dass sich seit dem Ende der Kolonialzeit an den wahren Machtverhältnissen nichts geändert hat.

Dass die Briten die „Grace 1“ aufgebracht haben, das ist o.k., dass der Iran die „Stena Impero“ vom Hubschrauber aus entern ließ, das ist ein unverzeihliches Verbrechen, ein „Akt staatlicher Piraterie“, wie es der Außenminister jener Nation formulierte, die selbst größtmögliche Erfahrung mit staatlicher Piraterie gewonnen hat.

Großbritannien, das auf der Weltbühne im Scheitern Theresa Mays im Augenblick vollkommen kopflos erscheint, während dem Nachfolger Boris Johnson eher Unberechenbarkeit nachgesagt wird, hat dennoch kein Problem damit, trotz BREXIT, eine „europäische Seeschutzmission“ zu initiieren, also alle möglichen EU-europäischen Staaten dazu zu bewegen, Kriegsschiffe in den persichen Golf zu entsenden, wo es von US-Marineeinheiten bereits nur so wimmelt.

Selbstverständlich, tönt es aus London, habe das mit den US-Maßnahmen nichts zu tun. Selbstverständlich halte man am Atomabkommen mit Teheran fest, man wolle ja nur die Sicherheit der christlichen Seefahrt garantieren und ansonsten habe man nichts anderes im Sinn, als zu deeskalieren.

Diese Argumentation ist so unglaublich frech und dreist …

Im Vertrauen darauf, dass die seit Jahrzehnten gegen den Iran gefahrenen medialen Kampagnen beim Publikum immer noch wirken, wird die selbst gesetzte, auslösende Provokation einfach in den Hintergrund gespielt und eine neue Phase des Truppenaufmarsches gegen den Iran in die Wege geleitet, an der sich möglichst viele weitere Willige beteiligen sollen, um  unter anderem auch die „Bundesrepublik Deutschland nicht nur am Hindukusch, sondern auch im Persischen Golf zu verteidigen“, wo die US-Marine längst in Stellung gegangen ist.

Es ist dies einer der Augenblicke in der Weltgeschichte, wo sichtbar wird, dass Staaten auch ohne funktionierende Regierung sehr zielstrebig agieren können. Es ist einer jener Augenblicke in der Weltgeschichte, in denen Seehofers Weisheit, von jenen die gewählt werden, und nichts zu sagen haben, und denen, die etwas zu sagen haben, aber nicht gewählt werden, aus der blassen abstrakten Formel herauswächst  und lebendig wird.

In London trifft sich die Hochfinanz mit ihren Anhängseln seit 1920 im Chatham House. In New York und Washington ist der Council on Foreign Relations der Ort, an dem die Politik beschlossen und ggfs. an der Regierung vorbei realisiert wird.

Dass sich der US-Marine im Persischen Golf jetzt eine europäische „Seeschutz-Mission“ hinzugesellen soll, was die Gefahr einer plötzlichen Eskalation noch einmal stark erhöht, statt die „Grace 1“ freizugeben und die Lage damit zu entspannen, ist ohne diesbezügliche Beschlüsse bzw. ohne die Zustimmung der „Nichtgewählten“ nicht vorstellbar.

 

Erschreckende Einblicke in die Machenschaften von Chatham House und Council on Foreign Relations auf dem ganzen afrikanischen Kontinent eröffnet Florian Stumfall in Romanform, bei größtmöglicher historischer Authentizität, in seinem Buch „Tripoli Charlie“.

Noch können die letzten Exemplare dieses Buches über den Online-Shop des EWK-Verlags bezogen werden.

Sie wissen ja – gegen Ende des Jahres wird der Verlag die Geschäftstätigkeit ganz einstellen.

Tripoli Charlie