US-Sanktionen (hochspekulative Hypothese)

Hypothese: Trump will die vollständige Autarkie der USA erzwingen.

Die geradezu blindwütige Herausforderung praktisch aller ausländischen Volkswirtschaften durch schmerzhafte Sanktionen wird bislang so interpretiert, dass Trump eine ganze Reihe von Staaten gezielt vom Welthandel ausschließen und sie so sowohl technologisch als auch überhaupt wirtschaftlich klein halten will. Dieses Narrativ hat sich mit der Aufkündigung des Iran-Atom-Abkommens und der neuerlichen Verhängung von Sanktionen gegen den Iran durchaus festgesetzt. Liegt es doch auf einer Linie mit den „ewigen“ Sanktionen gegen Kuba, wo die erwünschten Folgen durchaus eingetreten sind. Auch die Sanktionen gegen Russland, die wegen der angeblichen Annektion der Krim verhängt wurden, lassen sich mit diesem Gedanken durchaus noch vereinbaren. Bei den Sanktionen gegen China wird die Argumentation jedoch bereits brüchig. Ich meine hier nicht die bilaterale Schlacht um die höchsten Zölle,  sondern Sanktionen, die zum Beispiel im letzten Herbst gegen China verhängt wurden, weil China russische Kampfflugzeuge und Luftabwehrraketen gekauft hat. Auch die Sanktionsdrohnungen gegen jeden, der sich am Bau der North Stream 2 Pipeline beteiligt, die ja Russland allenfalls sekundär, eine ganze Reihe westlicher Unternehmen primär treffen sollen, haben einen ausgeprägt zweischneidigen, janusköpfigen Charakter. Nun wird daran gearbeitet, Sanktionen gegen jeden und alle zu verhängen, die sich am Wiederaufbau Syriens beteiligen – und damit ist meines Erachtens die Glaubwürdigkeit der Argumentation endgültig auf einen Wert knapp über null gesunken.

Sicherlich: Er trifft damit wieder den Iran, er trifft China, das sich stark engagiert, auch als Finanzier, er trifft Indien, er trifft wieder Russland, und er trifft ebenfalls wieder die EU, die gerade beginnt, die Fühler in Richtung Damaskus auszustrecken, doch welches Ziel haben diese Sanktionen wirklich?

Kann es sein, dass Trumps Hintergedanke dahin geht, dass er – vor den eigenen Wählern als starker Mann dastehend, der allen anderen zeigt, wo der Hammer hängt – in Wahrheit beachsichtigt, ganz im Sinne von „America great again“ den amerikanischen Markt sukzessive in die Autarkie zurückzuführen, mit dem schönen Nebeneffekt, dass alle negativen Erscheinungen, die in einer solchen Restrukturierungsphase zwangsläufig auftreten, wiederum den „bösen Mächten“ ringsumher in die Schuhe geschoben werden können, die ohne Rücksicht auf eigene Verluste die USA boykottieren?

Der noch klein wirkende Schachzug der EU, in Paris unter Umgehung des von den USA dominierten Bankensystems ein „Tauschzentrum“ für den Handel mit dem Iran zu installieren, könnte absolut gewollt sein! Und je gewollter das ist, desto überheblicher werden die Proteste aus Washington ausfallen, begleitet von weiteren Sanktionsdrohungen, mit dem Ziel, die von den US-Sanktionen betroffenen Staaten und die außerhalb der USA forschenden, entwickelnden und produzierenden Unternehmen in einem gemeinsamen Widerstand zu einen.

Wenn Trump der Welt erklärt, die Exporteure in aller Welt spielten ein unfaires Spiel mit den USA, dann hat er ja, allem anderslautendem, zweckdienlichem Gelaber von Politikern und Volkswirten zum Trotz, vollkommen recht.

Die wunderschöne Idee „Petro-Dollar“, die eine ewige, kostenlose Auffüllung der US-Staatskasse hervorbringen sollte und hervorgebracht hat, hat leider auch sehr negative Nebeneffekt gezeigt.

Ganz kurz, zur Auffrischung: Öl muss – nach US-Vorgaben – weltweit in Dollar gehandelt werden. Wer Öl braucht, muss zuerst Dollar erwerben, also zu günstigen Preisen in die USA exportieren. Die Öl-Erlöse fließen zum größten Teil nach Saudi-Arabien und die umliegenden Scheichtümer und Emirate. Trotz allergrößter Verschwendungssucht bleibt den Herrschern so viel davon übrig, dass sie ihre „Ersparnisse“ in US-Staatsanleihen anlegen, also die Auslandsschulden der USA zu einem erheblichen Teil als Gläubiger in ihre Bücher nehmen. Damit kann die US-Regierung die US-Rüstungsindustrie mit Aufträgen versorgen, und von dort breitet sich das Geld über alle möglichen Kanäle soweit aus, dass die US-Konsumenten wieder fleißig Importwaren kaufen können, was den Exportländern ermöglicht Öl zu kaufen.

Dass es sich dabei nicht um einen selbstregenerierenden Kreislauf handelt, sondern um eine Verschuldungsspirale, mit dem hässlichen Nebeneffekt, dass sich riesige Dollarguthaben dort ansammeln, wo die Exportumsätze den Import, inklusive Öl, weit übersteigen, und noch mehr da, wo es gelungen ist, Öl nicht mehr in Dollar einzukaufen, wird immer deutlicher sichtbar.

Das heißt, dass neben die militärisch zwar durchaus hochgerüsteten, aber für die USA keineswegs ernstzunehmende Gegner darstellenden Golfstaaten, die „niemals“ in der Lage wären, die Rückzahlung ihrer Kredite zu erzwingen, sehr viel ernst zu nehmendere Gläubiger getreten sind, insbesondere die Chinesen, die inzwischen intensiv damit beschäftigt sind, mit den gehorteten Dollar-Reserven weltweit Knowhow, Unternehmen und Landflächen aufzukaufen und sich überall mit einer sehr freundlich wirkenden Politik bei den Politikern und auch bei den Bevölkerungen beliebt zu machen.

Hinzu kommt eine weitere negative Nebenwirkung des lustigen Lebens im auf Import aufgebauten Schlaraffenland. Wer im Ausland billig einkaufen kann, sieht keine Notwendigkeit, eigene Produktionskapazitäten zu erhalten oder aufzubauen. Wer im Ausland billig einkaufen kann und nicht – wie Deutschland – versucht am Weltmarkt selbst mit Dumpingpreisen auf Basis von Niedriglöhnen anzutreten, der importiert mit jeder Milliarde chinesischer Produkte Arbeitslosigkeit im Umfang von mindestens 25.000 Beschäftigten direkt. Dazu kommt schwer abschätzbare Folgearbeitslosigkeit aufgrund der weggefallenen Kaufkraft der Arbeitslosen.

(für wenige Stunden waren hier 250.000 statt 25.000 verlorene Arbeitsplätze angegeben. Ich bitte um Entschuldigung)

Dass die offizielle Arbeitslosenstatistik der USA noch erheiternder ist als die deutsche, muss nicht eigens erwähnt werden. Man findet auch nicht viel darüber in den Medien. Ein Bericht der Finanzmarktwelt vom 6. Juni 2017 spricht jedoch von einer realen US-Arbeitslosigkeit von 22 Prozent  und rechnet vor, wie diese realistische Einschätzung zustande gekommen ist.

So, und nun denken wir die Sanktionen gegen alle Welt einfach noch einmal von vorne.

Ich halte es für einen Befreiungsschlag, der in eine sehr genau kalkulierte Phase der wirtschaftlichen Isolation der USA führen wird, aus der dieses große Land nach zehn bis fünfzehn Jahren wie ein Phönix aus der Asche wieder auferstehen soll. Mit Menschen, die wieder einen Job haben, die stolz darauf sind, auf eigenen Beinen zu stehen, nicht auf foodstamps angewiesen zu sein, und stolz auf ihre Nation, die sich aus der Umklammerung des internationalen Finanzkapitals gelöst hat, die den Angriff der Globalisten auf die einst so starke Volkswirtschaft in letzter Minute abgewehrt und sich wieder erholt hat, zu alter Größe und darüber hinaus.

In dieser Regenerationsphase wird zugleich der Wandel der Arbeitswelt vollzogen werden können, den die per Digitalisierung fortschreitende Automatisierung unweigerlich hervorbringt, höchstwahrscheinlich so, dass die Lebensarbeitszeit der Amerikaner drastisch sinken wird und die Löhne und Gehälter zugleich ausreichen, um den Binnenmart leerzukaufen. Gelingt dies nicht, gelingt auch die Transformation nicht – und das deutet darauf hin, dass auch der Dollar als solcher neu verfasst werden muss. Womöglich kommt sogar der Goldstandard Schritt für Schritt zurück. Russen und Chinesen befinden sich längst auf diesem Pfad, die USA werden nicht anders können, als sich schleunigst anzuschließen.

Wie gesagt: Eine hochspekulative Hypothese – aber keineswegs dystopisch.