Il dolce credito

Italien widersetzt sich der EU.

Das ist ein bisschen so, wie wenn die SPD auf die Bundesregierung schimpft und dabei ganz und gar vergisst, selbst mit am Kabinettstisch zu sitzen. Es klingt auch ein bisschen nach Vergewaltigung in der Ehe. Da scheiden sich dann die Geister. Die einen finden es ganz fürchterlich, wie die EU sich das Recht herausnimmt, über Italien zu verfügen, wie über eine Sexpuppe, die anderen finden es fürchterlich, wie sich Italien ziert und egoistisch nur seine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt.

Lassen wir einfach mal die ganze unselige Vorgeschichte weg, halten wir uns nicht mit der Frage auf, ob Italien niemals in den Euro hätte eintreten sollen, ob es besser gewesen wäre, die ganze EU überhaupt nicht zu gründen, das alles ändert nämlich nichts an der aktuellen Situation und an den Motiven der Beteiligten.

Die aktuelle Situation sieht laut IWF so aus, dass es den Italienern schlecht geht.
Niedrige Realeinkommen und hohe Arbeitslosigkeit führen zu massenhafter Auswanderung junger Italiener und insgesamt zu einem Ausbluten des Staates, der Wirtschaft und der Versorgungssysteme.

Die Regierungskoalition aus Lega Nord und Cinque Stelle sieht das nicht anders.
Niedrige Realeinkommen und hohe Arbeitslosigkeit führen zur Abwanderung junger Italiener – hinzu kommt der Zustrom von Migranten, was insgesamt zu einem Ausbluten des Staates, der Wirtschaft und der Versorgungssysteme führt.

Die EU-Kommission sieht von alledem nur das Zahlenwerk mit einem Schuldenstand, der das jährliche BIP um rund ein Drittel übersteigt und besinnt sich daher auf uralte Gründungsdokumente der Währungsunion, an die sich zwar noch nie wirklich jemand ernsthaft gehalten hat, gelangt nun aber zu der Überzeugung: Italien habe endgültig überzogen, stellt sich auf die Hinterbeine und tönt in Richtung Rom: „Bis hierher und nicht weiter“.

Dass die italienische Regierung zu dem Schluss kommt, der Karren könne nur mit zusätzlicher Staatsverschuldung aus dem Dreck gezogen werden, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Dass die EU den Euro gefährdet sieht, sollte die Schuldenlast Italiens weiter wachsen, entbehrt ebenfalls nicht einer gewissen Logik.

Doch während die italienische Regierung pragmatisch handeln will, um zu tun, was möglich ist, um die Situation der Italiener zu verbessern, wie sie es im Wahlkampf versprochen hat, setzt die Kommission die Prioritäten anders und ist bereit, nach den Griechen nun auch die Italiener zu opfern, um den Euro zu retten.

Da niemand wirklich in die Zukunft schauen kann, bleibt offen, ob es für die Italiener in zwanzig, fünfzig oder hundert Jahren besser gewesen sein wird, wenn sich die EU jetzt durchsetzt und letztlich auch Italien unter Zwangsverwaltung einer „Troika“ stellt, den Ausverkauf des Tafelsilbers verordnet und mit „Rettungspaketen“ für die pünktliche Bedienung der Gläubiger Italiens sorgt.

Ich bezweifle das aus ganz grundsätzlichen Erwägungen, weil die dem Kreditgeld-System inhärente Eigenschaft, nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Schuldenwachstum zu erzwingen, und die dem Kapitalismus inhärente Eigenschaft, Vermögensakkumulation zu erzwingen, in die gleiche Richtung wirken und überall da, wo nicht Neuverschuldung (gleichgültig von wem!) für Liquidität sorgt, zwangsläufig die Dämonen der Deflation die Macht übernehmen.

Zugleich bin ich mir sicher, dass die von den Italienern geplante Neuverschuldung, mit der vor allem der Konsum der Bevölkerung (unter anderem durch die Erhöhung der Renten) angekurbelt werden soll, einen positiven Effekt für die italienische Bevölkerung und jenen Teil der italienischen Wirtschaft auslösen wird, der auf die Bedürfnisse des Binnenmarktes ausgerichtet ist. Von den geplanten Steuersenkungen könnte sogar ein Impuls für den Export ausgehen. Wenn den Italienern also heute der Spatz in der Hand lieber ist als die Taube auf dem Dach, dann ist das nachvollziehbar.

Dass IWF und Kommission das nicht so sehen wollen, lässt sich relativ leicht erklären: Das internationale Finanzsystem steht am Rande des Abgrundes. Immense Geldvermögen müssen aufgelöst und in Sachwerte umgewandelt werden, bevor die Hyperinflation einsetzt und alle Guthaben auf das reduziert werden, was sie sind: Flüchtige Informationen in elektronischen Speichermedien. Nicht das Geld wert, was es kosten würde, sie noch auszudrucken.

Von daher muss Verkaufsdruck auf diejenigen ausgeübt werden, die noch über Sachwerte verfügen, und dieser Verkaufsdruck wird jetzt gegenüber Italien aufgebaut – und zwar nicht nur gegenüber dem Staat, auch gegenüber allen Bürgern und den in Italien ansässigen Unternehmen.

Und um das in Gang zu bringen, wird ein Skandal inszeniert, dessen realer Kern so lächerlich ist, dass man sich wundert, dass diejenigen, die darauf herumreiten, nicht vor Scham in den Boden versinken.

Es geht um Liquidität in Höhe von rund 30 Milliarden Euro, die durch Neuverschuldung mehr generiert werden soll, als die EU bereit ist, zu genehmigen.

Das entspricht knapp 0,3 Prozent der Gesamtverschuldung der EU-Staaten, die derzeit bei rund 10,4 Billionen Euro liegt und rasant weiter wächst. Ein Blick auf die Euro-Zonen-Schuldenuhr von Smava (ganz nach unten scrollen) spricht hier Bände, denn die angezeigte laufende Neuverschuldung, startet in dem Augenblick, in dem Sie die Seite öffnen.

Null komma drei Prozent mehr oder weniger Schuldenlast innerhalb der EU
spielen absolut keine Rolle für den Euro.

Dass um Italien ein derartiges Theater aufgeführt wird, hat damit nichts zu tun. Es ist nur der willkommene Anlass, aber weder Ursache noch Grund.

Die Ursache ist die Gier. Das Bestreben, das gesamte Inventar der Erde in das Privateigentum einiger hundert Familien zu überführen und so das gesamte Leben auf dem Planeten versklaven zu können. Die New World Order der Globalisten, mit ihren Gate Stones und der noblen Absicht, sich mit 500 Millionen Sklaven begnügen zu wollen, statt sich den Globus noch länger mit mehr als sieben Milliarden Menschen teilen zu müssen.

Der Grund liegt darin, dass sich das italienische Volk die falsche Regierung gewählt hat. Eine  Regierung, die zumindest versucht, diesem Trend entgegenzuwirken. Das ist nicht zulässig. Wenn schon die USA jedes lateinamerikanische Land, das versucht, ein menschlicheres Wirtschaftsmodell zu entwickeln und gerechtere Verteilungsmechanismen zu etablieren, prompt mit Sanktionen belegt und die reiche Oberschicht bei der Organisation des nächsten Putsches mit allen erdenklichen Mitteln unterstützt, wird es die EU doch erst recht für sich beanspruchen dürfen, ihre eigenen Mitglieder mit aller gebotenen Härte zu disziplinieren. Das hat Griechenland getroffen, das trifft jetzt Italien, das droht, wenn sich die Gelegenheit ergibt, auch den noch nicht ganz gezähmten, eigenwillilgen Ungarn und Polen – und das hat die Katalanen mit der Wucht einer bunkerbrechenden Bombe getroffen und ihre Anführer von der Bühne gefegt.

Das sind doch alles keine „Einzelfälle“. Dieses Verhalten hat System – und das System ist größer als die EU. Im Gegenteil: Die EU ist nur ein Konstrukt des Systems, ein Konstrukt, das die Völker Europas unter Vortäuschung von Friede, Freude, Götterfunken einer demokratisch nicht legitimierten  Herrschaft unterwirft, gegen die eine Gegenwehr im nationalen Rahmen längst schon nicht mehr möglich ist.

Der Anlass, schließlich, war leicht gefunden. 2,4% Neuverschuldung, statt 0,8%.
Es hätte auch jede andere Zahl sein können. Es kommt ja nicht  auf die Fakten an, sondern nur darauf, wie man sie interpretiert und in welchem Licht man sie erscheinen lässt.

So wurde also eine im EU-Maßstab lächerliche, im Weltmaßstab nicht mehr darstellbare Petitesse herangezogen, von der man ohne nähere Begründung nur behaupten musste, es handle sich um eine Ungeheuerlichkeit, um sofort die Presse und sämtliche in den Qualitätsmedien zu Wort kommenden Experten in ein großes Heulen und Wehklagen ausbrechen zu lassen – um, was kein Wunder ist, nun eben die Italiener in der öffentlichen Wahrnehmung als faule Schmarotzer dastehen zu lassen, die auf wirtschaftspolitisch unfähige Populisten von Spinnern und Nazis hereingefallen sind – und nun eben doch erleben werden, dass auch sie den Gürtel enger schnallen müssen.

Ich würde es den Italienern wünschen, dass sie noch die Kraft finden, sich mit einer neuen Lira aus der EU zu verabschieden. Sie werden es, fürchte ich, nicht schaffen.

Dass es schon länger heißt, Italien sei zu groß, um einen Rettungsschirm darüber spannen zu können, vergrößert die Chance für die Befreiung Italiens vom EU-Regime nämlich nicht. Es handelt sich dabei nach meiner Einschätzung eher um die kaum verhohlene Drohung, dass die Daumenschrauben für die Italiener, sollten sie ihre Regierung nicht zum Teufel jagen, noch unvorstellbar viel härter angezogen werden als es die Griechen schon erleiden müssen.

 

Florian Stumfall hat über die Mechanismen der EU geschrieben und den von der EU ausgelösten Untergang der Freiheit in Europa aufgezeigt.

 

Lesen? Bitteschön …