Die Koalition verrät nichts.

Heute Nacht, so die Meldungen der Presse, habe man sich beim Koalitionsgipfel auf Maßnahmen zur Vermeidung von Dieselfahrverboten geeinigt.
Nichts Genaues, so heißt es weiter, wüsste man nicht. Auch, ob „die Industrie“ bereit sei, die geheimgehaltenen Maßnahmen mitzutragen, sei nicht in Erfahrung zu bringen.

Aus dem dusteren Gewaber der Verlautbarungen lässt sich eigentlich nur ein Schluss ziehen: Der erlauchte Kreis der Koalitionsspitzen hat sich zwar geeinigt, doch Merkel, Seehofer und Nahles stehen noch derart unter dem Eindruck der Folgen der Maaßen-Einigung 1.0, dass sie nichts mehr fürchten als den Druck aus den jeweils eigenen Reihen, der schon wieder dazu zwingen könnte, die Einigung als voreilig und unbedacht hinstellen und in einer weiteren Nacht-und-Nebel-Aktion revidieren zu müssen. Ein Vorgehen, das schon beim ersten Mal weniger an Regierung als vielmehr an Comedy erinnerte und die Umfragewerte aller Beteiligten im harmonischen Gleichklang sinken ließ.

Damit steht der ratlose Beobachter vor der Henne-Ei-Frage, was wohl zuerst da war: Der Diesel-Skandal oder die große Koalition.

Doch wer immer nur unter der Laterne sucht, weil da das Licht hinfällt, der wird den Haustürschlüssel nicht finden.

Womit hat der Diesel-Skandal begonnen?  Der Diesel-Skandal hat damit begonnen, dass „jemand“ auf die Idee kam, Kohlenstoffdioxyd, also das „stinknormale“ Produkt einer vollständigen Verbrennung, das von allen sauerstoffatmenden Lebewesen ebenso produziert wird, wie von jedem Buschbrand, das zugleich von allen Pflanzen aus der Luft aufgenommen, in Kohlenstoff und Sauerstoff aufgespalten wird, wobei der Sauerstoff wieder an die Atmosphäre abgegeben wird, dass also dieses Gas, stiege sein minimaler Anteil in der Atmosphäre auch nur noch ganz geringfügig an, den Weltuntergang auslösen würde. Weltuntergang, teils wörtlich, weil weite Teile festen Landes unter dem Schmelzwasser der Gletscher und der Eisschilde der Arktis und Antarktis versinken würden, und andererseits im übertragischen Sinne, weil in der Bruthitze einer von Wirbelstürmen und Sintfluten durchgeschüttelten Welt menschliches Leben  gar nicht mehr möglich wäre.

Lassen wir für den Augenblick vollkommen dahingestellt sein, ob dieses Glaubensbekenntnis in irgendeinem Zusammenhang mit der Realität stehen könnte: Die Lehre fand ihre Anhänger, ihre Verkünder, ihre Märtyrer, geriet unter die Fittiche des Staates und wurde, trotz aller vorgeblich vollzogenen Trennung von Staat und Kirche, vollwertiger Bestandteil der Staatsreligion, ging ein in das Buch der Political Correctness und löste nicht nur das Glühbirnensterben, sondern auch einen Dämmstofftsunami und viele andere Zeichen des himmlischen Wohlgefallens aus. Unter anderem die Hinwendung der Automobilisten zum Diesel, weil der, bauartbedingt, im Vergleich mit dem Benziner, weniger Kohlenstoff verbraucht, um die gleiche Leistung zu erbringen.

Wo aber pro 100 km weniger Kohlenstoff vorne reingeschüttet werden muss, kann zwangsläufig hinten auch nur weniger Kohlenstoffdioxyd herauskommen. Also wurde in der Klimakirche ein Seitenaltar für den Diesel errichtet, gleich neben dem Photovoltaik-Altar, und wer schon Solarzellen auf dem Dach hatte, der hatte alsbald auch den Diesel in der Garage.

Gleichzeitig, also ungefähr gleichzeitig, so genau lässt sich das nicht mehr feststellen, waren jene Magier, die stets die vertracktesten Handelshemmnisse aus dem kolbenlosen Zylinder zaubern, damit beschäftigt, den Import ausländischer Automobile in die EU dadurch zu erschweren, dass Maximalmengen gasförmiger Stickstoffverbindungen in den Abgasen von Automobilen festgeschrieben wurden, die fernab jeglicher wissenschaftlicher Begründung so niedrig angesetzt wurden, dass sie ohne Hexerei nicht einzuhalten waren. Noch gleichzeitiger wurden Richtlinien erlassen, in denen verordnet wurde, dass nirgends in Deutschland, auch nicht an den ungünstigsten Plätzen und zu Zeiten höchsten Verkehrsaufkommen, der Anteil dieser gasförmigen Stickstoffverbindungen höher sein dürfe als  – nun  ja – ein Fliegenschiss.

Gleichzeitig, also ungefähr gleichzeitig, so genau lässt sich das nicht mehr feststellen, übernahm Angela Merkel die Richtlinienkompetenz, verwechselte diese allerdings mit einer Wünschelrute, deren Funktion sie als Physikerin jedoch zutiefst misstraute, was letztlich dazu führte … Nun gut, das wissen wir alle.

Kaum wurde in den USA unter der Ägide des hochgelobten Obama der Chor der Sammelklagenvertreter wider die deutschen Diesel angestimmt, verspürte Merkel wieder diesen Drang, lieber da nach Stimmen zu fischen, wo die in die NOx-Angst getriebene Mehrheit nur auf das Machtwort der Erlöserin wartete, statt sich verpflichtet zu fühlen, Nutzen zu mehren und Schaden abzuwenden (und zwar jeweils zu Gunsten des deutschen Volkes!).

Zu Hilfe kam ihr dabei ein Verein mit dem schönen Namen „Deutsche Umwelthilfe e.V.“, dem es neben seinen vielfältigen, völlig selbstlosen Abmahn-Aktivitäten tatsächlich gelungen ist, deutsche Richter,

deren Kopf ja mit juristischem Kram so voll ist, dass ihnen schon die Unterscheidung zwischen „vor Gericht“ und „auf hoher See“ kaum mehr gelingt, geschweige denn die Unterscheidung zwischen einer sachgrundfrei erlassenen EU-Schadstoffverordnung und dem realen Schaden, den die Umwelthilfe mit diesem Instrument anzurichten angetreten ist,

dahin zu bringen, Fahrverbote auszusprechen.

Das allerdings ist das Allerletzte, was CDU, CSU und SPD brauchen können.

Millionen von betroffenen Dieselfahrern, allesamt wahlberechtigt, weil hierzulande wählen darf, wer den Führerschein erworben hat und vermutlich deutscher Staatsbürger ist, haben weit weniger Angst davor, beim Durchfahren einer schlecht belüfteten Unterführung vom schleichenden NOx-Tod dahingerafft zu werden, als sinnlos tausende von Euro zum Fenster hinauswerfen zu müssen, nur weil die EU sich einen Hut auf die Stange genagelt hat und die Umwelthilfe den leicht zu beleidigenden Gessler spielt. Die würden also glatt AfD wählen, wenn sie auf die eine oder andere Weise für ihr Dieselfahren zur Kasse gebeten würden.

Millionen von CO2-Gläubigen ohne eigenen Diesel, von denen viele ebenfalls wahlberechtigt sind, weil schlicht alt genug, obwohl „Alt-genug-Sein“ noch weniger vor Torheit schützt, als „Alter“ alleine, sind mehrheitlich der Überzeugung, CO2 und NOx seien nur zwei verschiedene Bezeichnungen für die gleiche Sache, so wie der eine halt vom Kompass spricht und der andere von der Bussole. Die haben selbstverständlich keine Angst, tausende von Euro für einen neuen abgasreduzierten Benziner ausgeben zu müssen (das dauert noch mindestens ein Jahr, bis die dann ebenfalls rasiert werden), aber doch sehr, sehr viel Angst vor dem NOx und dem CO2 (und ein bisschen Schadenfreude, weil der Nachbar, mit seinem Diesel, nun sieht, was er davon hat). Die würden glatt die Grünen wählen, wenn sie zu der Überzeugung kommen, die Regierung ließe sie ungeschützt in der „Gaskammer Deutschland“ verrecken.

Also soll die Industrie den Kopf hinhalten und alles bezahlen, was bezahlt werden muss, bis der letzte Diesel in Deutschland abgemeldet wurde, um danach, bei den Umweltsäuen im Ausland, rücksichtslos bis ans Ende seiner Tage (300.000 km gehen mit dem Diesel immer) weiter NOx in die Atmosphäre zu pusten. Aber was heißt Industrie? Das sind ein paar ziemlich reiche Leute, denen das meiste davon  gehört, und die lassen sich so leicht nichts wegnehmen, zumal eben diese reichen Leute, die den Gewinn einstreichen, für das, was ihre Angestellten tun, in keiner Weise haften. (Um dem Argument zuvorzukommen: Nur Volltrottel halten ihre Aktien, bis sie nichts mehr wert sind. Und die meine ich hier nicht.)

Aber womit soll man der Industrie drohen, um sie zum Zahlen zu bewegen? Da ist nichts. Vor der AfD haben die keine Angst, und vor den Grünen erst recht nicht, wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen. Also wird man der Industrie etwas versprechen müssen. Sonderabschreibungen? Eine vollkommen neue Dienstwagen-Richtlinie? Ausrüstung des Heeres mit Ein-Mann-Elektropanzern? Und wer, wiederum, soll das bezahlen?

Es ist klar. Frau Dr. Merkel wird nicht hingehen,  ihre Privatschatulle öffnen, und die Milliarden herausrücken, um die es hier geht.

 

Fällt der Groschen? Worum geht es?

Es geht um Milliarden. Viele Milliarden.

Um Milliarden, die so bewegt werden müssen, dass die Transaktion „wählervertrauensneutral“ über die Bühne geht, wenn möglich sogar so, dass die Zustimmung für die GroKo dabei wächst, statt zu leiden.

Und so lange das nicht in trockenen Tüchern ist, wird das, worauf man sich geeinigt hat, geheimgehalten.