Der Lebensraum

PaD No. 18 /2019 – Hier auch als PDF verfügbar: pad 18 2019 Lebensraum

Der Lebensraum

Unterschiedliche geologische und klimatische Bedingungen haben zur Ausbildung unterschiedlicher Lebensräume geführt, in denen sich wiederum spezialisierte Öko-Systeme und Biotope herausgebildet haben. Innerhalb dieser Artengemeinschaften erwarben sich Individuen oder Gruppen von Individuen die Fähigkeit, „Reviere“ abzugrenzen und gegenüber Individuen der gleichen Art zu verteidigen.

Unter Menschen nennt man das fälschlich „Fremdenfeindlichkeit“.

Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Frage zu stellen und Antworten darauf zu finden,

ob die Menschheit, als Krone der Schöpfung, mit Hilfe ihres hochentwickelten Verstandes in der Lage sein kann, das Revierdenken zu überwinden und fähig sein wird, sich die Erde als ein einziges Revier unter 7 + x Milliarden Individuen brüderlich zu teilen.

 

Was ist ein Revier?

Reduziert man das „Revier“ auf seine minimalste Qualität, so ist das seine räumliche Ausdehnung. Ohne „Raum“ kann keine der uns bekannten Lebensformen existieren. Jedes Individuum einer Art braucht Platz. Die Mikrobe relativ wenig, da können Millionen in einem Kubikzentimeter Erdreich gleichzeitig existieren, der Elefant hingegen braucht für seine schiere Masse relativ viel Platz.

Der Raum pro Individuum muss aber nicht nur groß genug sein, damit das jeweilige Lebewesen darin Platz findet. Er muss zudem ausreichend groß sein, um die für die Ernährung und das Gedeihen erforderlichen „Elemente“ in sich zu tragen, bzw. regenerativ hervorzubringen. Neben dem Sonnenlicht, als hauptsächlicher Energiequelle, dem Gasgemenge in der Luft, den Mineralien aus dem Boden und ausreichend flüssigem Wasser, was den Pflanzen für ihr Gedeihen genügt, ist im Grunde nichts erforderlich, denn die etwas höher entwickelten Tiere können sich zusätzlich pflanzlich ernähren und dienen selbst wiederum fleisch- und aasfressenden Tieren als Nahrungsquelle, während sämtliche Ausscheidungen und tote Individuen wiederum über vielfältige Verwertungsstufen in die Nahrungskette zurückgeführt werden.

 

Revier und Umwelt

Seit wir uns als „Menschheit“ bewusst gemacht haben, dass wir ohne unsere „Umwelt“ und deren „Vielfalt“ nicht, bzw. nur unter erschwerten Bedingungen existieren können und begonnen haben, den Kreislauf des Lebens artübergreifend zu verstehen, wird dem Schutz der Natur und der Umwelt relativ hohe Priorität eingeräumt, dies allerdings eher „pauschal“, nach dem Motto: „Alle Natur ist gut“, statt differenzierend nach Lebensräumen, Artengemeinschaften und Biotopen. Wir sind zwar in der Lage, diese zu unterscheiden und auch in ihrer Unterschiedlichkeit zu verstehen, doch sind wir weit davon entfernt, die innerhalb der Lebensräume wirkenden, natürlichen Rückkopplungsschleifen zu stabilisieren. Im Gegenteil: Wir tun alles, um diese Rückkopplungsschleifen zu stören und außer Kraft zu setzen.

Das hat begonnen, längst bevor von einer industrialisierten Landwirtschaft, von Massentierhaltung und großzügigem Einsatz von Ackergiften die Rede sein konnte, nämlich in dem Moment der Erdgeschichte, in dem aus nomadisierenden Jägern und Sammlern sesshafte Bauern wurden, die ihre „Reviere“ absteckten und darin kaum mehr Leben zuließen, als das, was sie als Nahrungspflanzen und Nutztiere innerhalb dieser Reviere anbauen und ernten wollten. Der Erfolg gab ihnen Recht, denn die intensive, planmäßige Nutzung des Reviers ermöglichte weitaus höhere Erträge als das, was den Sammlern und Jägern als Zufallsfund in die Hände fiel. Dies ermöglichte einerseits und erzwang andererseits Spezialisierungen, weg vom Nahrungsgewinn, hin zum Handwerk, was mit festen Häusern und Speichern, mit vielfältigen, zweckdienlichen Werkzeugen und Gerätschaften wiederum die Nutzung des Reviers vereinfachte und die Erträge vervielfachte.

 

Durchlässigkeit von Grenzen

Der Bau von Wegen und Wägen ermöglichte Transporte über größere Strecken und damit Handel und Austausch, was letztlich neue, noch speziellere Spezialisierungen, auch in der Lebensmittelproduktion ermöglichte. Hier entstand eine „Kornkammer“, dort eine „Gemüseproduktion“, Winzer bearbeiteten ihre Weinberge und Fischer warfen ihre Netze aus. Es entstanden hochkomplexe Abhängigkeiten, den natürlichen Nahrungsketten nicht unähnlich, aber doch grundverschieden, denn die auch in diesem Gefüge auftretenden Rückkopplungsschleifen wurden nicht mehr länger als Regulative, sondern als Katastrophen begriffen.

 

Rückkopplungsschleifen oder Katastrophen?

Wenn in der Natur die Population der Füchse aufgrund günstiger Bedingungen stark anwächst, ist das – mit menschlichen Augen betrachtet – eine Katastrophe für die Kaninchen, die von den hungrigen Füchsen in große Zahl gejagt und gefressen werden. Wenn im nächsten Jahr die Population der Kaninchen, trotz ihrer überragenden Vermehrungsfähigkeit stark zurückgegangen ist, ist das aus unserer Sicht wiederum eine Katastrophe für die Füchse. Erst wenn die Füchse ihre Jungen aus Nahrungsmangel nicht mehr großziehen können, können die Kaninchen wieder zulegen, und das Spiel beginnt von vorne.

Dabei hat das alles nichts mit einer Katastrophe zu tun, sondern lediglich damit, dass sich die Lebensräume von Füchsen und Kaninchen in einer Weise überschneiden, die das durchaus existente, stabile Gleichgewicht erst über eine Folge von Generationen hinweg erkennen lässt.

Gäbe es dieses Gleichgewicht nicht, und außer Füchsen und Kaninchen keine weiteren „Mitspieler“, gäbe es entweder keine Füchse oder keine Kaninchen mehr in diesem Revier.

Doch die Wirkungen der „Katastrophe“ sind damit noch nicht vollständig erfasst. Mit dem Nachlassen des Kaninchenangebotes im eigenen Revier entsteht für den Fuchs, der sein Revier leergefressen und viele Junge zu versorgen hat, die Notwendigkeit, die Grenzen seines Reviers zu überschreiten und die Nahrungssuche auf die Reviere der benachbarten Füchse auszudehnen. Ein schlauer, wohlgenährter, kräftiger Fuchs und seine Sippe sind womöglich in der Lage, das Nachbarrevier vollständig zu durchdringen und dem dort ansässigen Fuchs so viele Kaninchen wegzufressen, dass er seinen Nachbarn, mit dem er lange Zeit auf angemessene Distanz in friedlicher Koexistenz lebte, nun als Katastrophe erlebt und sich mit dem begnügen muss, was ihm der „Feind“ übrig lässt. Mäuse, Schnecken, Käfer, usw. Davon kann man überleben, aber es macht keine Hoffnung auf bessere Zeiten.

 

Revierkämpfe

Vor diese Katastrophe hat das Schicksal jedoch den „Revierkampf“ gesetzt. Revierkämpfe finden vorsorglich (bei so ziemlich allen Tieren) zu einem Zeitpunkt statt, der der Partnerwahl vorausgeht. Das Revier wird also primär für die Nachkommen verteidigt, bzw. erobert, wobei Füchse, wie viele andere Arten auch, sich damit begnügen, ihre Stärke und Überlegenheit vorzuführen, ohne jedoch den Konkurrenten ernsthaft zu verletzen. Der muss das Weite suchen, und wenn er Glück hat, findet er noch den richtigen Platz für sich, wenn er Pech hat, wird er seine Gene zumindest in dieser Saison nicht weitergeben können.

 

Eine zusätzliche Anforderung und zwei zusätzliche Mechanismen

Dem Revier muss daher eine weitere Eigenschaft attestiert werden. Es muss nicht nur die Lebensgrundlage für das Individuum bieten, sondern darüber hinaus auch ertragreich genug sein, um die „Familie“ zu ernähren und die Aufzucht der Jungen zu ermöglichen.

Um dies, wenn erst einmal alle für eine Art nutzbaren Reviere besetzt sind, nicht in eine wirkliche Katastrophe ausarten zu lassen, sind zwei wichtige Mechanismen zu betrachten. Der erste wurde bereits angesprochen, das ist der vor der Fortpflanzung stattfindende Revierkampf, der die Verlierer von der Fortpflanzung ausschließt.

Der zweite, ebenso interessante Mechanismus, ist die Begrenzung der Nachkommen pro Generation. Je kleiner, wehrloser, unbeweglicher die Art ist, desto verschwenderischer ist sie in der Fortpflanzung. Eine erwachsene Eiche kann Jahr für Jahr bis zu 150 Kilogramm Eicheln abwerfen, das sind etwa 30.000 keimfähige Nachkommen, und doch ist an der Stelle der Elternpflanze nach mindestens hundert Jahren wieder nur Platz für eine Nachfolgepflanze. Die meisten Früchte der Eiche werden von Tieren gefressen. Die wenigen, die keimen und austreiben, werden wiederum von Tieren abgefressen oder von Schädlingen befallen. Die es schaffen, die ersten Jahre zu überleben, werden im Schatten der Altbäume dahinkümmern, bis auf jenes eine Exemplar, das im richtigen Zeitpunkt aufgewachsen ist und die Rolle der Altpflanze übernehmen kann, und natürlich jene Exemplare, denen es gelungen ist, an einer noch unbesetzten Stelle ins Leben zu starten.

 

Konstante Populationszahlen

Insgesamt wird sich die Zahl der Individuen in einem Eichen-Revier über die Zeit jedoch kaum verändern.

Bei den Kaninchen, die viel größer, beweglicher, auch intelligenter sind als Eichen, bringt ein Weibchen jährlich 3 – 7  Würfe mit durchschnittlich 5 Jungen zur Welt.  Von  diesen Nachkommen erleben die eigene Geschlechtsreife jedoch wiederum nur knapp sechs Prozent, je nach Zahl der Fressfeinde, mal mehr, mal weniger, so dass die Population auf Dauer eine  gleichbleibende Anzahl von Individuen umfasst.

Die Elefantenkuh braucht 22 Monate, also fast zwei Jahre, um ein einziges Elefantenbaby  auszutragen. Sie kann mehrmals im Leben trächtig werden, doch auch hier sind die natürlichen Verluste immer noch groß genug, um am Ende die Population im Revier stabil zu halten.

Die potentielle Fruchtbarkeit einer Art steht in direktem Bezug zur Fähigkeit der Nachkommen, die Geschlechtsreife zu erleben und sich selbst fortzupflanzen. Die tatsächliche Fruchtbarkeit einer Population steht darüber hinaus in direktem Bezug zur Beschaffenheit ihres Reviers, bzw. der dieser Population verfügbaren Reviere.

 

Das Artensterben

Die Tatsache, dass Arten aussterben, zwingt jedoch dazu, nach weiteren Faktoren zu suchen, die bei der Besiedelung von Lebensräumen eine Rolle spielen können. Sieht man von jenen Ereignissen ab, die großräumige Veränderungen der Lebensumstände mit sich gebracht haben, wie sie von Meteoriteneinschlägen, Klimaveränderungen bis hin zu Eis- und Warmzeiten, bekannt sind, bleiben Spezialisierungen, bzw. die Erweiterung von Fähigkeiten und die Zuwanderung revierfremder Arten als Ursachen übrig.

Während sich evolutionäre Veränderungen der Fähigkeiten einer Art nur allmählich auswirken, die davon negativ betroffenen Arten also auch nur allmählich verschwinden, ist die Eroberung eines Lebensraumes durch Fremdorganismen, die dort gute Voraussetzungen für die eigene Entwicklung vorfinden, aber dort (noch) keine natürlichen Feinde haben, eine vergleichsweise explosionsartige Geschichte. Ausgestattet mit einer an die Fressfeinde der Ursprungsumgebung angepassten Fruchtbarkeit sind sie der Artengemeinschaft im Biotop zahlenmäßig bald absolut überlegen und kommen damit fast an menschengemachte Monokulturen heran, neben denen nichts anderes mehr Bestand haben kann.

Die Folgen sind in Europa zu beobachten, wo z.B. die aus Nordamerika eingeschleppte Ambrosia vor allem wegen ihrer allergieauslösenden Eigenschaften mit erheblichem Aufwand bekämpft wird, oder eben in Australien, wo die schon mehrfach als Beispiel bemühten Kaninchen sich zu einer nicht zu bewältigenden Plage entwickelt haben.

 

Revierkampf: Der Mensch gegen den Rest der Natur

Soweit zu dem, was wir „Natur“ oder „Umwelt“ nennen, was wir in vielfältiger Weise, bearbeitet, verändert, beeinflusst haben, um unseren menschlichen Lebensraum zu einer primär dem Menschen dienlichen Sphäre zu formen. Einer Sphäre, in welcher wir die natürlichen, von der Evolution geschaffenen Rückkopplungsprozesse mehr und mehr ausgeschaltet haben, wo sie uns im Wege waren, indem wir vor allem allen Fressfeinden unserer Kulturpflanzen und Nutztiere – uns selbst natürlich ausgenommen – den Kampf angesagt haben und zugleich die Abwehrfähigkeiten von Pflanzen und Tieren zu Gunsten höherer Erträge einfach weggezüchtet, oder per Domestizierung haben verkümmern lassen.

 

Nun zu uns. Der Art aller Arten.

Sind wir noch an Reviere gebunden, oder ist der Planet längst unser aller gemeinsamer Lebensraum?

Aus der Distanz betrachtet sieht es so aus. Da fallen die Warenströme von Kontinent zu Kontinent ins Auge und sehen kaum anders aus als vor 200 Jahren, wenn der Bamberger Gemüsebauer seinen Meerrettich nach München schaffte und der Hallertauer Hopfen ins Bamberger Hofbräuhaus wanderte, wenn Carl Bechstein ein Piano von Berlin an den Coburger Hof lieferte und Glas und Stoffe aus dem bayerischen Wald ihren Weg bis nach Bremen fanden.

Allerdings mit einem bedeutsamen Unterschied: Heute ist alles viel größer und weltumspannend.

 

Die Konsequenzen

Nirgends in Deutschland ist noch eine Region zu finden, die auch nur näherungsweise als autark bezeichnet werden könnte. Der ganze Staat könnte nicht überleben, blieben die Importe aus aller Welt aus, von denen wir uns zu einem guten Teil ernähren, die wir als Bekleidung und Schuhwerk auf dem Leib tragen, mit denen unsere Kinder spielen und die uns die hochtechnisierte, digitale Welt, in der wir uns eingerichtet haben, erst möglich machen.

Mit Polo-Shirts aus Burladingen alleine lässt sich ein 80 Millionen Volk nun mal nicht einkleiden. Mit Elektronikbauteilen aus deutscher Produktion lässt sich ein 5G-Netz nicht betreiben. Gut, dass wir unser Revierdenken aufgegeben haben, gut, dass die Welt zusammengewachsen ist. Gut, dass alle Menschen Brüder geworden sind.

Gut, dass wir uns von überkommenen Begriffen, wie Eigentum und Rendite lösen konnten.

Hä?

 

Illusion und Irrtum

Spätestens an dieser Stelle zerplatzt die Illusion. Würden wir tatsächlich aufhören, in den Kategorien von Eigentum und Vermögensmehrung zu denken, bräche der gesamte Welthandel mangels Interesse unmittelbar vollständig und dauerhaft zusammen.

Daimler, VW und BMW exportieren doch keine Automobile, um den Chinesen die Fortbewegung so komfortabel wie möglich zu gestalten. Sie produzieren und exportieren Automobile um Gewinne für ihre Aktionäre zu erzielen. Dafür, und zu keinem anderen Zweck.

Japaner, Chinesen und Koreaner produzieren und exportieren doch keine Fernsehgeräte, Smartphones und Computer, um der Weltbevölkerung eine Freude zu machen. Sie tun das, um Gewinne zu erzielen, um Vermögen anzusammeln, Kapital zu akkumulieren.

 

Kapital als zusätzliche Dimension und Waffe im Revierkampf

Was ist Vermögen anderes als eine spezielle Dimension des „Reviers“?

Wenn der Begriff „Revierkampf“ im menschlichen Zusammenleben auch nur selten verwendet wird, höchstens, wenn zwei Rockerbanden oder verfeindete Clans um die Vorherrschaft in einem Kiez kämpfen: Wer genauer hinsieht, erkennt, dass uns das Erbe der Natur überhaupt nicht abhandengekommen ist.

Was ist „Gentrifizierung“ denn anderes als die offensichtlichste Form eines Revierkampfes, wenn angestammte Bewohner eines Viertels mittels Luxussanierung und anschließend unbezahlbarer Mieten von den Reicheren, die es sich leisten können, vertrieben werden?

Da drängt sich das Bild vom alten, müde und kraftlos gewordene Fuchs, der vor seinem jungen, starken Rivalen hilflos zurückweicht und mit eingezogenem Schwanz davonzieht, doch geradezu auf.

Was ist der erbitterte Kampf um Marktanteile, mit welchen Mitteln er auch immer geführt wird, anderes als ein Revierkampf, der erst zu Ende ist, wenn sich am Ende ein Oligopol gebildet hat, von gleich Starken, die so lange still halten, bis einer von ihnen Schwäche zeigt?

Was ist das Bemühen der Saatguthersteller um immer neue Versuchsfelder für gentechnisch manipulierte Pflanzen denn anderes als ein Revierkampf?

Was ist die Öffnung der EU-Binnengrenzen in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit denn anderes als ein Revierkampf, bei dem die hungrigen Füchse dort eindringen, wo es mehr Kaninchen zu jagen gibt, als im eigenen Revier?

 

Der nächsthöhere Level

Dahinter steckt ein Revierkampf auf einem höheren Level. Die Beschäftigten in Deutschland haben der Konkurrenz doch nicht kampflos das Revier überlassen, um arbeitslos zu werden oder Lohnkürzungen hinnehmen zu müssen. Sie mussten es ertragen, dass über ihre Köpfe hinweg eine Gemeinschaft von Jägern ein gemeinsames Revier geschaffen hat, in dem alle  bisher respektierten Markierungen, mit denen die Reviere abgesteckt waren, gelöscht wurden.

Die Binnengrenzen wurden geöffnet, damit die Lohnkosten in der EU insgesamt sinken, um auf diese Weise im internationalen Revierkampf um Marktanteile bessere Chancen zu haben, Gewinne zu steigern und Kapital zu vermehren.

Auf diesem Level der Jagdgesellschaften finden wird durchaus viele weitere Beispiele für Revierkämpfe.

Was ist die Idee von der neuen Seidenstraße, mit der sich China mit Eisenbahnen und Häfen den gesamten asiatischen, afrikanischen und europäische Markt erschließen will, denn anderes als ein globaler Revierkampf, in dem der Verkauf von Unternehmen und Häfen an die Chinesen nur anzeigt, dass die bisherigen Revierinhaber aufgeben und sich zurückziehen?

Die Globalisierung ist ein einziger Revierkampf mit Gewinnern und Verlierern. Sie ist zugleich ein Rückkopplungsprozess ganz spezieller Art, den es so in der übrigen Natur nicht gibt. Denn in der Natur sind alle Lebewesen nach Kräften und Fähigkeiten lebenslang aktiv, lebenslang wachsam, lebenslang flucht- oder kampfbereit, lebenslang dabei, ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Aktivität und Ruhephasen wechseln, wenn man vom Winterschlaf mancher Arten absieht, täglich in kurzen Abständen.

 

Der Weg des Siegers in die Dekadenz

Menschen können einen Zustand erreichen, indem sie, wie es so schön heißt, „ausgesorgt“ haben. Und wer ausgesorgt hat, wird sorglos und träge, er verliert seine natürlichen Reflexe, wird schwach, wehleidig, risikoscheu, kurz: dekadent.

In der Demokratie hat das zur Folge, dass Regierungen gewählt werden, die alles tun, um diesen als angenehm empfundenen Zustand zu erhalten, ja noch zu vertiefen. Es entsteht der „Nanny-Staat“, in dem alles geregelt ist und immer mehr geregelt wird bis jegliche Initiative erloschen ist, während zugleich ein Klima des „Bloß-niemandem-weh-tun-Wollens“ entsteht, in dem am Ende der Täter mehr Zuwendung erfährt als das Opfer, in dem jeder Verrückte sich nach Lust und Laune austoben darf und immer jemanden finden wird, der ihn in Schutz nimmt. Sei es nun wegen seiner schweren Kindheit, wegen seiner Naivität oder seiner Genialität. Der Staat versteht sich als verantwortlich für die Umverteilung von nicht ganz so arm nach arm, und zugleich für die Umverteilung von unten nach oben, weil oben, wo der Fisch zu stinken beginnt, das dekadente Anspruchsdenken, im Verbund mit dem angesammelten Kapital als Drohkulisse, immer noch stark genug ist, um sich durchzusetzen.

Eine solche Gesellschaft wird ihr Revier verlieren.

Wo alles Notwendige „aus der Steckdose“ kommt, wo Leistung und Anstrengung eher beargwöhnt als belohnt werden, und vom Ertrag die Hälfte durch Steuern und Abgaben weggenommen wird, ohne dass dadurch für den Leistungsträger erkennbare Vorteile in gleichem Umfang entstünden, ist ein Zustand von Egalität erreicht, in dem fast allen fast alles egal ist.

Eine solche Gesellschaft wird ihr Revier verlieren.

Am Schluss verkriecht sich der alte Fuchs in seinen warmen Bau und hört auf, sein Revier zu markieren. Dann tollen die Jungfüchse aus den umliegenden Wäldern auf seinem Sonnenplatz herum, fressen seine Kaninchen und liefern sich ihren Revierkampf, und sollte der Alte doch noch einmal aus seinem Loch herauskommen, wird er noch nicht einmal mehr zum Schein angegriffen, weil er nicht mehr ernst genommen wird.

Damit zur Frage, die hier beantwortet werden sollte.

Wird die Menschheit, als Krone der Schöpfung, mit Hilfe ihres hochentwickelten Verstandes in der Lage sein, das Revierdenken zu überwinden und fähig, sich die Erde als ein einziges Revier unter sieben + x Milliarden Individuen brüderlich zu teilen?

 

Nein, dafür gibt es derzeit keine belastbaren Indizien.

Die Vorstellung, es könnte so kommen, besticht durch ihre Schönheit, doch ist auch hier der Wunsch der Vater des Gedankens. Vor allem aber ist diese Vorstellung ein Konstrukt der Kaninchen, die sich den Fuchs der Zukunft als ein ihnen vollkommen  gleiches, kaninchenhaftes, ins  Kaninchenvolk integriertes, vegetarisches Wesen vorstellen, halt nur mit unterschiedlichen äußeren Merkmalen, wie einer spitzeren Schnauze, längerem Schwanz und rotbraunem Fell, die zu benennen man, um den Fuchs nicht zu diskriminieren, lieber unterlässt.

Die Wahrheit ist noch viel einfacher. Selbst wenn man die bereits angesprochene Hierarchie der Reviere außer Acht lässt und für einen Augenblick annimmt, alle Menschen seien wirklich vollkommen gleich, ist  damit die unaufhebbare Verbindung zwischen einem Menschen und seinem minimalen Anspruch  an ein eigenes Revier nicht aufzuheben.

Nur zur Erinnerung:

Reduziert man das „Revier“ auf seine minimalste Qualität, so ist das seine räumliche Ausdehnung. Ohne „Raum“ kann keine der uns bekannten Lebensformen existieren. Jedes Individuum einer Art braucht Platz.

Dieser „Raumbedarf“ ist nicht auf das Körpervolumen des Individuums beschränkt, er schließt auch alles, was zur Lebenserhaltung und zur erfolgreichen Arterhaltung erforderlich ist, mit ein.

Von daher ist das kleinste mögliche Revier der Menschen das Revier der Familie, das groß genug ist, um die für den Arterhalt erforderliche Zahl von Kindern hervor – und mindestens zur Geschlechtsreife zu bringen. Nennen wir das ein „Level-1-Revier“.

Je intensiver die Nutzung des Raumes (intensive Landwirtschaft, industrielle Massenproduktion, standardisierte Mietwohnungen in Hochhäusern) und je geringer die natürlichen Verluste (Frieden, medizinische Versorgung und Vorsorge, ausreichende Nahrungsmittel) desto mehr Familien können sich zur gemeinsamen Nutzung eines größeren Level-2-Reviers zusammenschließen.

Wir messen diese Gegebenheiten in einer Kennzahl, die wir Bevölkerungsdichte nennen. Diese Kennzahl ist – bezogen auf einen umschriebenen Siedlungsraum – aussagekräftig in Bezug auf die notwendige Regelungsdichte und auf die notwendige Quantität und Qualität der vorzuhaltenden Infrastruktur. Hohe Bevölkerungsdichte bei unzureichender Infrastruktur und unzureichender Regelungsdichte weist auf chaotische, anarchische Zustände mit hoher Kriminalität und einer weit aufklaffenden Schere zwischen Arm und Reich hin.

Verbindet sich hohe Bevölkerungsdichte mit großer Regelungsdichte und einer hochkomplexen Infrastruktur, tendieren die Freiheitsgrade der Individuen bei hoher relativer Sicherheit gegen Null, was tendenziell zu einem partiellen Realitätsverlust (Risiken und Chancen werden nicht mehr erkannt, bzw. können nicht mehr wahrgenommen werden), zum Nachlassen der Innovationskraft und zum Zweifel an der Notwendigkeit der Verteidigungsbereitschaft führt.

Die Kennzahl „Bevölkerungsdichte“ ist jedoch in Zeiten der Globalisierung und des weltweiten Handels untauglich geworden, noch festzustellen, welcher Raum im Level-2-Revier für die Individuen tatsächlich zur Verfügung steht.

Dichtbesiedelte Regionen, nehmen wir mit der Stadt München nur ein bescheidenes Beispiel, sind über ihre in den Landkarten markierten Reviergrenzen längst hinausgewachsen und beanspruchen ganz erhebliche zusätzliche Lebensräume, und das nicht nur im unmittelbaren Umland, sondern praktisch überall auf der Welt. Auf 310,7 Quadratkilometern sind 1,45 Millionen Einwohner gemeldet. Das bedeutet, auf jedem Quadratkilometer leben etwa 4.700 Menschen, bzw. für jeden Menschen stehen rund 212 Quadratmeter zur Verfügung.

Landwirtschaft findet in München nicht statt. Das Trinkwasser kommt aus dem Voralpenland. Alleine diese beiden Kriterien lassen erahnen, wie groß  das  „Level-2-Revier“ tatsächlich sein muss, und wenn man sich die gähnende Leere vorstellt, wenn alle  nicht in München hergestellten Produkte aus den Regalen der Supermärkte und Kaufhäuser entfernt würden, wird die erschreckende Dimension der Lebensunfähigkeit dieses Lebensraumes noch deutlicher.

Natürlich ist München wiederum Lieferant für viele andere Regionen, was jedoch wegen fehlender statistischer Zahlen nicht so bilanziert werden kann, dass sich irgendwie die tatsächlich jedem Münchner zur Verfügung stehende Fläche ermittelt werden könnte.

Im größeren, internationalen Maßstab, wo die Waren- und Güterströme exakter aufgezeichnet sind, gilt jedoch grundsätzlich:

Staaten mit Exportüberschuss haben eine höhere, Staaten mit Importüberschuss eine niedrigere reale Bevölkerungsdichte als die sich aus der Relation von Bevölkerungszahl und Fläche rechnerisch ergebende. Dies ist jedoch noch nicht die letzte Wahrheit, weil die Preisstellung in den Handelsströmen noch nicht berücksichtigt ist. Arme Exporteure, die zu niedrigen Kosten billig anbieten, senken die reale Bevölkerungsdichte in den Abnehmerstaaten und erhöhen die eigene stärker als reiche Exporteure, die zu höheren Kosten teuer anbieten.

Damit wird deutlicher als es die bekannten Statistiken zum Ausdruck bringen, dass die nutzbaren Reviere weltweit bereits besetzt sind.

Dem planetaren Geburtenüberschuss der Menschheit folgt ein Wanderungsdruck, der eben nicht auf die Gebiete mit niedriger Bevölkerungsdichte zielt, weil die Reviere einfach nicht ertragreich genug sind, um die wachsende Zahl der Individuen zu versorgen, sondern auf die Gebiete mit relativem Überfluss, wo Füchse und Kaninchen zu einem harmonischen Gleichgewicht gefunden haben, wo also vermeintlich „genug da“ ist, um die Population zu vergrößern. Dies wird die gleiche Rückkopplungsschleife auslösen wie sie in der Natur eingespielt ist. Die Population der Hasen wird zurückgehen, und wenn der Zustrom der Füchse weitergeht, wird sie weiter zurückgehen, bis sie zusammenbricht und die Füchse weiterziehen müssen, falls sie noch ein Revier finden.

Der Menschheit ist gelungen, die aus der Umwelt bekannten und bewährten Prozesse zur Erhaltung der Gleichgewichte in den Nahrungsketten auszuschalten.

  • Die Fressfeinde sind eliminiert.
  • Krankheiten, die zum vorzeitigen Tod führen, können weitgehend geheilt werden,
  • Verletzungen jeder Art können weitgehend chirurgisch rückgängig gemacht werden,
  • Immer mehr Menschen erhalten Zugang zu sauberem Trinkwasser,
  • Katastrophen jeder Art – von der Überschwemmung bis zur Dürrekatastrophe – werden durch weltweite Hilfslieferungen weitgehend abgemildert,
  • Damit wächst die Lebenserwartung weltweit,
  • aber die einst zur Arterhaltung erforderliche hohe Zahl an Geburten ist nur in wenigen Gebieten auf das nun noch erforderliche Maß verringert worden.

Dass die Weltbevölkerung (Menschen) immer noch weiter wachsen kann, ist der Tatsache geschuldet, dass Wissenschaft und Technik immer neue Wege finden, durch intensivere Bewirtschaftungsmethoden, durch biochemische Verfahren und gentechnische Eingriffe die Fruchtbarkeit des Reviers „Welt“ der Fruchtbarkeit der Menschheit noch halbwegs im Gleichschritt nachzuführen. Dies ist allerdings gleichzeitig damit verbunden, dass das Revier der Menschheit immer weitere Teile des Reviers der noch bestehenden, halbwegs intakten Natur übernimmt und in Monokulturen und Betonwüsten, Abraumhalden und Sondermülldeponien überführt.

Von den knapp 150 Millionen Quadratkilometern der Landfläche der Erde sind etwa 136 Millionen Quadratkilometer eisfrei. 53 Prozent, also mehr als die Hälfte davon, wurden schon vor 15 Jahren als „Dauernutzungsraum des Menschen“ ausgewiesen. Nur 16 Prozent wurden noch als ungenutzte, wilde Naturräume erfasst.

Ich erinnere mich noch gut an die besorgten Diskussionen, die 1971/72 von der Studie „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome ausgelöst wurden und die in den meisten Industriestaaten dem rein ökonomischen Blick auf die Umwelt einen auch ökologischen Blick hinzufügten.

Die Schlussfolgerung des Berichts zur Lage der Menschheit lautete vor fast 50 Jahren so:

„Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“

Der Versuch, die Grenzen des Wachstums durch Wachstum hinauszuschieben, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, alles, was er ermöglicht hat, war es, den „Peak-Mankind“, den der Club of Rome auf das Jahr 2050 gelegt hatte, vielleicht, aber nur vielleicht, um zehn oder zwanzig Jahre zu verzögern.

 

Wir werden, wenn wir überhaupt noch etwas retten wollen, auf das Prinzip „Revier“ zurückkommen müssen, das sich, etwas freundlicher formuliert, auch als das Prinzip „Biotop“ bezeichnen ließe.

Lebensräume müssen wieder Arterhaltungsräume werden, in denen sich Gleichgewichte zwischen Ressourcen und Ressourcenverzehr von selbst herausbilden.

Dies ist nur möglich, wenn der Zustand der Autarkie zum Leitbild und Ziel aller Gesellschaften auf dieser Welt wird.

Wir können darauf noch freiwillig hinarbeiten und dies auf internationaler Ebene durch strikte Befolgung der volkswirtschaftlichen Grundregel einer ausgeglichenen Handelsbilanz anstreben.

Doch das wird nicht ausreichen. Wir werden ebenfalls daran arbeiten müssen, Großstädte und Ballungsräume wieder aufzulockern und zu entflechten und deren Abhängigkeiten vom Umland zu verringern.

Die schlimmste Konsequenz, die zu ziehen ist, besteht jedoch darin, damit aufzuhören, die armen und von Hunger und Seuchen geplagten Landstriche dieser Welt durch humanitäre Hilfe in den Stand zu versetzen, trotz der Mängel und Schwächen der Reviere einen nachhaltigen Geburtenüberschuss herzustellen.

Dazu gehört es allerdings auch, zuerst zu erkennen, dass es sich dabei um die auf Menschen übertragene Methode der Jäger handelt, das Wild im Winter zu füttern, um dann in der Jagdsaison etwas zum Abschießen vor die Flinte zu bekommen.

So grausam es klingen mag: Da wo Kinder in großer Zahl in die Welt gesetzt werden, um sicherzustellen, dass wenigstens die zum Arterhalt erforderliche Zahl die Geschlechtsreife erlebt, sind humanitäre Hilfe und Geburtenkontrolle die beiden Seiten der gleichen Medaille. Bleibt Geburtenkontrolle aus, entsteht, bezogen auf die Ertragskraft des Reviers, relative Überbevölkerung.

Diese relative Überbevölkerung ermöglicht es dann zum Beispiel, Geflügelteile, die sich der Mitteleuropäer nicht auf den Teller legt, also im eigentlichen Sinne „Schlachtabfälle“ subventioniert von der EU zu unwiderstehlich niedrigen Preisen auf den afrikanischen Markt zu werfen und das Geschäftsmodell der dortigen Geflügelzüchter (von Haus aus mehr BIO als bei uns mit jedem Siegel) zu zerstören und die Abhängigkeit von ausländischer Hilfe zu vergrößern.

Es ist egal, ob Spendengelder oder Hilfsgelder der UN oder Kredite der Weltbank eingesetzt werden: Die Produzenten der Hilfsgüter steigern ihren Gewinn mit jedem zusätzlichen Konsumenten, den sie in den Armenhäusern der Welt erreichen können.

Anfüttern, und dann die Beute nach Hause holen. Das ist das Prinzip der meisten Projekte humanitärer Hilfe. Es handelt sich um vergiftete Äpfel, es handelt sich um das Eindringen revierfremder Organismen deren Absicht es ist, sich über Verschuldung und Ausbeutung der Ressourcen des Reviers zu bemächtigen, wobei es sich nicht nur um Rohstoffe, sondern auch um zu Dumpingpreisen unter unmenschlichen Bedingungen eingekaufte Arbeitsleistung handelt.

Nicht das „Nicht-Helfen“ ist das Verbrechen, sondern die Zerstörung der Artengemeinschaft und der im Biotop wirksamen Prozesse zur Arterhaltung.

Ohne diesen von außen hineingetragenen Einfluss gäbe es – wie es bis zum Beginn der Kolonialisierung war – den jetzt beklagten Geburtenüberschuss und die daraus entstehenden Hunger- und Notsituationen nämlich gar nicht, und so manchen blutigen Revierkrieg zwischen Stämmen oder Ethnien gäbe es auch nicht.

Revier ist Abgrenzung.

Abgrenzung ist weder diskriminierend noch fremdenfeindlich.

Abgrenzung ist das Grundgesetz des Lebens, ein fraktales Prinzip, das in allen Lebensformen auftaucht, ein Prinzip, ohne dass es nicht einmal die primitivsten Einzeller geben könnte. Abgrenzung schließt den Anspruch auf ein Revier ein. Ob es sich um den Acker des Landwirts, die Wohnung des Arbeiters oder das Villengrundstück des Großaktionärs handelt, ob um die Schließfächer in den Tresorgewölben der Banken oder die Grenzlinien zwischen den Gebietskörperschaften. Ohne Abgrenzung, sowohl räumlich als auch in Bezug auf Rechte, Kompetenzen und Verantwortung, bricht alles zusammen.

Selbst der Begriff der friedlichen Koexistenz ist ohne Abgrenzung nicht denkbar, auch Synergieeffekte und symbiotischer Doppelnutzen im Sinne einer Win-win-Situation gehen nur aus der Abgrenzung und der gezielten Nutzung der unterschiedlichen Fähigkeiten der Beteiligten hervor.

Vor zwei Jahren wies der damalige Bundesentwicklungsminister Müller darauf hin, dass die Bevölkerung Afrikas jede Woche um eine Million Menschen wächst.

Er warnte dabei überflüssigerweise vor den Folgen des Klimawandels, den es zu begrenzen gälte, um nicht eine riesige Flüchtlingsbewegung auszulösen. Doch es bedarf keines Klimawandels, um den Wanderungsdruck zu erzeugen, es genügt das schiere Missverhältnis von Ertragskraft zu Bevölkerung, um immer mehr Afrikaner dazu zu bewegen, ihre – unabhängig von der statistischen Bevölkerungsdichte – überfüllten Reviere zu verlassen.

Müller sagte damals auch, den Menschen müsse dringend eine wirtschaftliche Perspektive in ihren Heimatländern gegeben werden. Doch solange diese Perspektive nicht dadurch entsteht, dass Afrika, bzw. die Staaten Afrikas, sich aus eigener Kraft und mit Hilfe zur Selbsthilfe in Richtung Autarkie entwickeln können, wird auch das nicht die erwünschte Wirkung zeigen.

Arbeitsplätze zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Ressourcen eines Lande zu schaffen, dieser neokolonialistische Ansatz hält die Abhängigkeiten aufrecht und führt eher zunächst zu einem noch stärkerem Bevölkerungswachstum.

Auch wenn derzeit alle Indizien darauf hinweisen, dass es die eine, friedliche Welt vorerst nicht geben wird, die Vision als solche bleibt bestehen.

 

Der Weg dahin führt allerdings über einen ganz anderen Weg, nicht über das Mantra „Man muss mit gutem Beispiel vorangehen und sein Revier aufgeben – wir schaffen das!“, sondern über das Entstehen freier, weil in jeder Hinsicht unabhängiger, autarker Staaten, die unter Beibehaltung ausgeglichener Handelsbilanzen zum beiderseitigen Vorteil symbiotisch und kooperativ interagieren, ohne dabei ihr inneres Gleichgewicht zu verlieren.

 

Erzwingen lässt sich das nicht. Dafür genügt alleine das Beispiel der EU samt Euro, oder das schon früher gescheiterte Beispiel der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken (UdSSR). Sicher ist: Auch jeder weitere Versuch eine NWO zu erzwingen, wird scheitern, bzw. nur für eine historisch kurze Zeit Bestand haben können.

Die „eine Welt“ wird nicht aus einem Machtanspruch heraus geboren werden, nicht aus materiellen Partikularinteressen, sondern einfach dadurch, dass die Länder und Völker nach und nach reif dafür sein werden.

Die heute vorherrschenden Machtverhältnisse und Strategien stehen diesem Reifeprozess jedoch noch im Wege.