Das Sterben der Blender

Wer heute nach Frankreich blickt, wissend, dass der Sturm auf den Elysee-Palast angesagt ist, während die Polizeigewerkschaft zum Streik aufgerufen hat, den überkommt die Ahnung, dass der in wenigen Monaten aus dem Nichts des Rothschildschen Imperiums zum Präsidenten der Republik hochgejubelte Emmanuel Macron dem Ende seiner Regierungszeit schon sehr nahe gerückt ist.

Inzwischen wird ein Muster erkennbar, das ein Zusammenwirken zwischen Medien und Masse in der Aufstiegsphase schon seit längerem erkennen lässt, das inzwischen aber auch für die Abstiegsphasen kennzeichnend ist.

Betrachten wir einen der ersten, noch gar nich so spektakulären Fälle, nämlich Gerhard Schröder. BILD, BamS und Glotze, behauptet der Genosse der Bosse, genügten ihm zum Regieren, und es waren auch bei ihm die Medien, die Helmut Kohl, wie es sich für einen wuchtigen Riesen gehört, nach und nach demontierten und zum kraftlosen Aussitzer werden ließen, bis die Masse dies glaubte, eine Alternative suchte und sie im biertrinkenden, am Zaun des Kanzleramtes rüttelnden, noch jung wirkenden Gerhard von der SPD zu erkennen glaubte. Als er seine Aufgabe erfüllt hatte, verschwand die Unterstützung aus den Gazetten für die Masse und hielt sich nur noch in wirtschaftsnahen Elitenblättern, die auf der Straße nicht gelesen werden. Bei der nächsten Bundestagswahl brauchte es gar keinen medialen Schubs in den Abgrund. Die wenigen, die schon gemerkt hatten, dass sie betrogen worden waren und von der Fahne gingen, reichten vollständig aus, ihn in Richtung Gazprom verschwinden zu lassen.

Erinnern Sie sich an Christian Wulff, den braven Jungen mit dem Einfamilienhaus, der gar nicht wusste, wie ihm geschah, als er, mangels  herausragender politischer Ideen, geschmückt nur von seiner Gattin, ins Schloss Bellevue einziehen durfte. Über ein Bobby-Car hat man ihn nach langer Hetzjagd stürzen lassen als er den Anschein erweckte Charakter zeigen zu wollen.

Erinnern Sie sich an den Baron mit den vielen Vornamen? Wie wurde er hochgejubelt – und als er seinen Job erledigt hatte, nämlich die Wehrpflicht außer Kraft gesetzt und die Bundeswehr zur Berufsarmee umgebaut, da hat man ihn als Plagiator vorgeführt, gerade so, als hätte außer ihm nie jemand irgendwo abgeschrieben oder sich eine Ghostwriters bedient. Steiler Aufstieg, tiefer Sturz.

Tsipras und Varoufakis, die für die Griechen aufgebauten Lichtgestalten gewannen die Wahl. Aber nicht die Macht. Tsipras musste erst Varoufakis in die Wüste schicken, um dann selbst alle jene Grausamkeiten verüben zu müssen, gegen die er einst aufgestanden war.

Hollande, französischer Präsident ging mit massiven Vorschusslorbeeren als Sozialreformer in den Wahlkampf, die Franzosen nahmen das mediale Geschrei für bare Münze, und bekamen die taten-, gesichts- und profilloseste Gestalt als Präsident, die seit de Gaulle in den Elyseepalast eingezogen ist.

Martin Schulz, der Erlöser der SPD, Jubel von allen Seiten, dass der große Europäer nicht nur die SPD sondern die ganze Republik zu völlig neuen Ufern führen werde. Von null auf hundert in drei Sekunden – und genau so schnell wieder unten, ja sogar noch tiefer als zuvor. Was einst nur wenige Eingeweihte wussten, vom gescheiterten Fußballer über den Alkoholkranken bis zum Würseler Bürgermeister, stand auf einmal – vor ganz Deutschland ausgebreitet – in den Gazetten.

In Katalonien ließ man Herrn Puigdemont zur Gallionsfigur der Sezessionisten aufsteigen, schenkte ihm international höchste Aufmerksamkeit und überließ ihn dann den Mühlen der spanischen Justiz, denen er sich zunächst durch Flucht zu entziehen versuchte, um ausgerechnet in Deutschland von der deutschen Polizei festgesetzt zu werden.

Nun also ist Macron dran. Aber etwas fehlt.

Und dass da etwas fehlt, das stinkt ganz gewaltig.

Nirgends erheben sich Stimmen für den von nun an vom Volk zu liebenden Nachfolger.
Versagt die Regie?

Sicherlich nicht. Die Regie hat wie immer alles im Griff. Es wird etwas Neues ausprobiert. Man lässt die Gelbwesten auf den Straßen triumphieren. Man lässt sie sich in einen wahren Rausch hineinsteigern, der – wie es aussehen soll – weder von den Linken, noch von den Gewerkschaften, noch von den Rechten angezettelt wurde. Der Mob erhebt sich, aber es fehlt ihm das Haupt, das abgeschlagen werden könnte. Man  überlässt es  den empörten Franzosen, den Versuch zu unternehmen, sich aus der Masse heraus zu organisieren und zu strukturieren und erwartet, dass dies scheitern wird, dass aus dem Kampf gegen das Establishment ein Richtungskampf um die Vorherrschaft unter den Meuterern ausbricht, bis sie sich von selbst bis zur Handlungsunfähigkeit zerstritten haben.

Heute sollen in Frankreich trotz des Streiks 89.000 Polizisten mit allen verfügbaren Wasserwerfern, Tränengasgranaten, Schlagstöcken und Kabelbindern unterwegs sein, um ihren Präsidenten zu schützen. Welch eine Herausforderung für die Gelbwesten. Sie werden in diese Falle tappen, geschlagen werden und aus dieser Erfahrung heraus das beginnen, was nicht in Tagen oder Wochen zu schaffen ist, sondern Jahre braucht, nämlich aus der Massenwut der bloßen Hände eine auch politisch wirksame Organisation zu schaffen.

Dem kann mit dem Ausnahmerecht und konsequenter Härte gegen jedes neue Aufflackern des Volkszorns vermutlich noch hinreichend vorgebeugt werden, so dass die Fortsetzung der Reformpolitik gesichert ist. Klar, Macron  wird man auf dem Altar der Staatsräson opfern und damit das Feindbild der Massen von der Bühne nehmen, doch was danach kommt, wird einen anderen Namen und andere Anzüge tragen, aber sonst …?

Der Aufsatz trägt den Titel:

Das Sterben der Blender.

Früher gab es den Begriff des „Wechselbalges“. Jungen Müttern wurde das Neugeborene aus der Wiege geraubt und durch ein anderes Kindlein, den Wechselbalg, ersetzt. Häufig waren die Wechselbälger krank oder erblich geschädigt und nicht überlebensfähig. Dennoch wurden sie von den getäuschen Müttern mit Liebe und Aufopferung gepflegt und betreut, während fremde Eltern stolz auf das gesunde Kind nur Freude damit hatten.

Manchmal gings auch anders herum. Thronfolger wurden aus der Wiege gestohlen und irgendwo im Sinne der Diebe aufgezogen, damit diese irgendwann den ihnen hörigen, wahren Thronfolger aus dem Ärmel ziehen konnten, wenn das Wechselbalg längst gestorben war.

Es ist nicht auszuschließen, dass diese Taktik heute in modernisierter Form mit anderen Mitteln neu belebt wird. Im Grunde so, dass den Eltern, dem Volk, ein wunderschönes Kindlein in güldenen Kleidern in demokratischen Wahlen als Adoptivkind angeboten wird, so dass diese die eigenen Kinder vernachlässigen, um diesem Heilsbringer alles angedeihen zu lassen, was nur irgend möglich ist. Dann wird der Schalter umgelegt, und der Wechselbalg erhebt sich über die Adoptiveltern, zwingt ihnen seinen Willen auf und führt sie geradewegs ins Verderben.

Natürlich könnte man es  auch die Taktik des Trojanischen Pferdes nennen.

Da fragt man sich dann, ob die Bauern wirklich dumm und blöde waren, als der Spruch entstand: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht.